Sonntag, 23. August 2015

Mumuji - Kigali Town

Am 2ten Wochenende meines Aufenthaltes entschied ich mich dazu Mumuji zu besuchen: 
The City Center von Kigali.
Das Zentrum, wo sich alles abspielt: Dort, wo gesagt wird: Hier ist der Fortschritt!

Mumuji - Kigali Town

Viele Menschen sagten mir in den ersten Sätzen einer Konversation: „Wir sind ein Entwicklungsland, wir orientieren uns an euch und versuchen alles, damit wir denselben Standard erreichen.“
Diese Haltung wird wohl von der Regierung vorgelebt.

Im Masterplan 2020 [1] soll ein Stadtzentrum entstehen, das repräsentativ für Ruanda sein soll: Ruanda soll ein fortschrittliches Land darstellen: Ein Stadtzentrum soll entstehen, das mit dem Rest der Welt mithalten kann.



Der Masterplan 2020 ist nicht mehr weit entfernt: Die meisten Bauten stehen schon, Rasenflächen sind schön gestaltet und werden sorgsam gepflegt. Wobei man an dieser Stelle sagen muss, dass ganz Kigali sehr sauber ist. Auch aus europäischer Sicht gesehen. Es ist zu betonen, dass die Achtsamkeit bzgl. der Sauberkeit ersichtlich ist.
In Mumuji treffen zwei Welten aufeinander: Ein Shoppingcenter und verhältnismässig grosse Supermärkte, in denen man so ziemlich alles erhält, das in Europa auch erhältlich ist.




Meine westliche Prägung kam hier plötzlich voll zum Vorschein: Als ich den Supermarkt mit der vollen Auswahl betrat (nachdem ich über 2 Wochen in kleinen Supermärkten Nähe des Wohnhauses eingekauft hatte, die eine sehr begrenzte Auswahl und auch meist nur die Grundlegenden Dinge anboten), überkam mich eine Art Glücksgefühl, das mich selbst überraschte. Zumal ich in Europa als diejenige gelte/auftrete, die eine solch riesige Auswahl nicht braucht.

Scheinbar doch: Die Auswahl, wenn sie vorhanden ist, vermittelt eine Art Freiheit. Man braucht sie nicht, ich würde auch niemals in einem Shoppingwahn verfallen, das liegt mir fern, aber die Freiheit der Wahl, das ist wichtig!
Der Supermarkt bot alles: Waschmaschinen, Fernseher, Tiefkühler, Küchenequipment, Kleidung, Bücher, und natürlich auch Nahrungsmittel. Bekannte Marken wie OMO, Barilla, etc. fand man hier vor. Die Preise: vielfach um einiges teurer als in Europa. Immerhin ist der Import und somit Zoll auch mit zu bezahlen: Ein 500g Packung Barilla Pasta kostet umgerechnet CHF 5.40 (€ 4.90).

Es gibt alles hier: zu (für Ruandesen) fast unerschwinglichen Preisen
 (Wechselkurs zu CHF: dividieren durch 700)
In Anbetracht der Tatsache, dass die Einkommen in Ruanda mitunter sehr niedrig sind, ist es nicht verwunderlich, dass das Shopping-Center, wo ein beispielsweise im „Bourbon-Coffee-House“ ein Kaffee 3CHF (oder € 2.80) kostet, meist Menschenleer ist. Ein Burger mit Pommes kostet CHF 8.30 oder € 7.50. Ein Kindermädchen oder Haushaltsgehilfin verdient einen monatlichen Lohn von ca. CHF 35 (€ 31), ein Primarschullehrer als Staatsangestellter ca. CHF 72 (€ 65).
Wobei Leute mit Universitätsabschluss (Bachelor) schon mit einem Einkommen von ca. CHF 350 (€ 320) rechnen können. Mieten sind im Vergleich zum Einkommen hoch: Für eine gemeine 3 Zimmer Wohnung sind durchschnittlich CHF 170.-- bis CHF 190.--(€ 155.-- bis - € 172.--) zu bezahlen.


Alles was dem Menschen das Leben leichter macht:
 die Infrastruktur, mit mehreren Stromausfällen täglich,
 ist noch nicht dazu ausgebaut....

Ein Primarschullehrer, mit einem monatlichen Einkommen von ca. 50.000 RWF
wird sich einen solchen Fernseher in diesem Leben wohl nie leisten können.

Somit ist es für einen „normalen“ Ruandesen selten möglich das wenige Geld, das er verdient auch noch für solche Dinge auszugeben: Denn Nahrungsmittel sind allgemein teuer, nicht nur im Citycenter Mumuji: Ein Sack Reis, 5 kg, parboiled, kostet umgerechnet CHF 22.— (€ 20.--) in den kleinen Supermärkten in den Wohngebieten.
 Im Supermarkt im Citycenter Mumuji kostet dieser Sack noch ein bisschen mehr. Dort sind die Preise generell um 10-20% höher als in den kleinen Strassen-Supermärkten in den Wohngebieten.
In diesem Supermarkt habe ich auch nur Ausländer einkaufen sehen: Inder, Chinesen, Amerikaner, Europäer.


Riesige Auswahl, Europäische Preise.


Bei Essen und Getränken ist auffällig, dass die importierten Produkte
teilweise deutlich teurer sind als in Europa (Vergleich Schweiz/Deutschland)

An fast jedem Regal stehen in jedem Supermarkt (ob klein oder gross) den man betritt, Angestellte: Sie sind da, um zu helfen, oder vielleicht auch zum Kontrollieren, ob nichts gestohlen wird: Aber meist sind sie aufgefallen, indem sie freundlich gefragt haben, ob sie behilflich sein könnten.
Anfangs war dies immer sehr befremdlich für mich. Ich habe stets abgelehnt: ich kann doch alleine einkaufen. Mir ist dann mit der Zeit aufgefallen, dass ihre Gesichter dann immer enttäuscht gewirkt haben, habe mir dann mal helfen lassen, weil ich auch Hilfe brauchte: Das ist eben scheinbar ihr Job, den Menschen beim Einkaufen zu helfen. Die Angestellten machen das echt gern – und zu sagen, dass man das alleine macht, wirkt, so interpretiere ich das jedenfalls, eher befremdlich.



Kigali-Tower- Shopping Center: Von Leere geprägt: Die Preise sind ungefähr so hoch wie in Deutschland: Für ein Essen  zahlt man 8-10 Euro.




Es gab Glace/Eis im Supermarkt, ich kaufte es und ass es während ich zur Busstation ging. Mir fiel auf, dass die Leute über mich redeten (Wenn man mehrmals das Wort „Muzungo“ in seiner Nähe hört (= Weisser), dann weiss ich, es wird über mich gesprochen). Ich fragte mich, wieso diesmal so häufig über mich gesprochen wurde und interpretierte, dass es etwas mit dem Glace/Eis zu tun haben muss: Und wirklich; Es ist in der afrikanischen Kultur nicht üblich, auf der Strasse und noch dazu während man läuft/geht, zu Essen.







Mit dem Masterplan 2020 versucht man hauptsächlich Ruanda für ausländische Investoren attraktiv zu machen. Damit soll der Fortschritt für alle kommen, Menschen sollte dadurch Arbeit bekommen und den Weg aus der extremen Armut finden, Schritt für Schritt.







Der Luxus, und gleichzeitig die krasse Armut. 2 Gegensätze die extrem ins Auge fallen: Infrastruktur, die dringendst ausgebaut werden muss: Mehrmals pro Tag fällt der Strom aus. Im ganzen August (heute ist der 19.8.) hatte die Bevölkerung Stadtteil Gizosi in Kigali insgesamt 4 Tage fliessendes Wasser. An allen anderen Tagen musste Wasser von einer Gemeinschaftsquelle in 20l- Kanistern in die Häuser geschleppt werden.
„In the dry season, water is a problem“, sagen einem die Menschen.
Gleichzeitig wird mit Lastwägen Wasser nach Mumuji und ins nahegelegene Viertel, wo die ausländischen Botschaften angesiedelt sind, gebracht, um Rasenflächen zu bewässern: „Wir müssen unsere Umgebung schön halten.“ Sagte man mir, als ich dahingehend entsetzt reagierte.
Das sind Dinge, die ich nicht verstehe.

Jedoch ist dies scheinbar Teil des Masterplanes.
Alles was in Kigali und Umgebung sichtbar ist, wurde in den letzten 20 Jahren (nach dem Genozid im Jahre 1994) förmlich "aus dem Boden gestampft".
Ruandesen sind Patrioten, das Land ist im Aufbau, Investoren sind willkommen, Bürokratie für ausländische Investoren ist auf einem minimalen Level. Korruption ist im Vergleich zu den umliegenden Afrikanischen Ländern verschwindend gering.
Und die Bevölkerung steht geschlossen hinter ihrem strengen Präsidenten Kagame, der für diese Entwicklung steht.






Schön angelegte und gepflegte Gartenanlagen.



Neue und moderne Busstationen in Kigali- Town.





Es wird alles nur mögliche gemacht, um am Weltmarkt endlich eigenständig mitmischen zu können.
Als Ruandese muss man flexibel sein: und wandlungsfähig.
Veränderung findet hier im Zeitraffer statt.
Noch schneller ist nicht mehr vorstellbar…



Quellen: 
[1] http://www.rdb.rw/uploads/media/KIGALI_CONCEPTUAL_Master_Plan.pdf , aufgerufen am 18.8.2015

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