Sonntag, 22. März 2015

Münster Auslandssemester- die Ankunft!

Münster, ein neuer Lebensabschnitt.

Die Möglichkeit im 4. Semester ein Auslandsstudium zu machen ist grossartig! So einfach bekommt man wahrscheinlich nie mehr im Leben organisatorisch alles vorgelegt, wie bei einem Auslandssemester-- aber der Reihe nach: 

Wie in einem meiner vorigen Blogs schon geschrieben, habe ich im Oktober 2014 eine Zusage der FH Münster für ein Studium bei ihnen bekommen.
Kurz nach der Bestätigung wurde mir auch mitgeteilt, ich sollte mich umgehend um eine Bleibe kümmern, die Wohnungslage sei eher begrenzt.
Im Januar 2015 wurde von der FH Münster nachgefragt, ob ich eine Wohnung/Bleibe in Münster/Umgebung gefunden hätte. Viele Studenten die ein Auslandssemester an der Hochschule machen, fänden oftmals keine Wohnung. Die Lage am Wohnungsmarkt für Menschen, die nur kurzzeitig eine Bleibe suchen, sei schwierig, wurde abermals mitgeteilt . Kleine Zimmer, möbliert gibt es in Münster, wenn auch wenige. Für diese ist mit einem monatlichen Mietzins von 350 Euro und meist höher zu rechnen. Die FH Münster gab mir Tipps und Webseiten, wo es am besten wäre zu suchen und welche Möglichkeiten Münster dahingehend bietet.
Durch meine Erfahrungen mit Couchsurfing und Air-BNB weiss ich, dass es ganz viele Menschen gibt, die bereit sind, fremde, unbekannte Menschen in ihre Wohnungen zu lassen, und als Freunde aufzunehmen. Diese Gastfreundschaft ist über ein paar Tage hinweg oder auch über eine Woche meist kein Problem. Schwieriger wird die Sache, wenn man eine Bleibe für 4-5 Monate sucht.
Ich stellte mir die Frage: „Wo gibt es Platz: Wer hat viel Platz?“

Nun, in der Stadt ist es wohl überall gleich: Menschen wohnen in eher kleinen Wohnungen. Somit ist Wohnraum eher auf dem Land zu finden: Dort gibt es viele Leute mit Häusern, Gärten.
Durch meinen Erfahrungswert als Kind (Ich wuchs auf einen Bauernhof auf), wusste ich, dass Bauern meist ein grosses Wohnhaus und viel Platz besitzen.
Aus dieser Überlegung heraus schrieb ich versch. Bauernfamilien in der Umgebung von Münster an. Meine Anfrage beinhaltete eine Vorstellung meiner selbst, eine kurze Schilderung meines Werdeganges und die Anfrage, ob es möglich sei Mitarbeit auf dem Bauernhof gegen Kost und Logis aufzuwiegen.
Geantwortet haben auch ein paar Bauersleute: Eine davon war Familie Wigger aus Greven. Sie führen einen Kinder-Erlebnisbauernhof, bieten auch Übernachtungen an, und einen Veranstaltungssaal mit bis zu 80 Sitzplätzen, in dem sie auch hausgemachten Kuchen und Kaffee anbieten. Sie meinten, mein Profil (Konditor-Bäcker-Confiseur) würde sehr gut reinpassen, mein Alter wäre noch ein weiteres positives Kriterium. Je nach Buchungen wäre ein Arbeitsaufwand von ca. 25-30 Stunden im Monat zu leisten, dafür hätte ich Kost und Logis frei. Somit war die Wohnung organisiert.

Weiter teilte mir die Fachhochschule Münster mit, dass am 3. März 2015 ein Willkommensevent für alle Auslandsstudenten stattfindet.
Auf der Webseite war ersichtlich, dass Vorlesungsbeginn am 23. März sei. Die Verantwortliche für meinen Studienlehrgang (Oekotrophologie) war auch erst am 16. März in ihrem Büro.
Unverständlich war mir die leere Zeit zwischen 3. Mär und 23. März: Das sind 20 Tage des „Nichts-tuns“. Somit rief ich im „International Office“ der FH Münster an: Ich fragte nach, ob es sich um einen Event mit obligatorischer Teilnahme handle. Die Teilnahme wäre keine Pflicht, wurde mir erklärt: Zwischen 3. März und 23. März gäbe es Deutschkurse und Workshops, die die deutsche Mentalität den internationalen Studenten näherbrächten. Die Teilnahme dieser Kurse wäre ebenfalls freiwillig. Da ich mir sicher war, keinen zusätzliche Deutschkurs oder auch Mentalitätsworkshop zu benötigen, entschied ich mit Absprache mit der  dafür zuständigen Person erst am 17. nach Münster zu kommen.

In der Zwischenzeit erhielt ich einige Emails von der FH Münster: Briefe mit persönlichen Login-Daten etc… wären nun abholbereit.

Fachhochschule Münster (Studiengang Oekotrophologie)


Alles ist parat gemacht worden: ich musste nur noch ankommen.



Freundlich wurde ich am 17.3. vom Bahnhof in Münster abgeholt: von der jüngsten Tochter des Hauses: 18 Jahre, macht gerade ein freiwilliges soziales Jahr (Zwischen Abitur und Studienbeginn).



Herzlich wurde ich von der gesamten Familie empfangen und aufgenommen - als neues "Familienmitglied" und Praktikantin.- (das ist cool- ich war noch nie in meinem Leben Praktikantin :-))
Einfahrt zum Anwesen und Kinderbauernhof "Wigger" in Greven
Die Ponys Certley und Mickey

10 Hasen mit dem selbstgebuddelten Höhlen (im Boden sichtbar) -- das ist ein gesamtes Netzwerk :-)


In den ersten Tagen half ich überall ein bisschen mit, um ins Familiensystem reinzukommen - und es waren auch versch, kleine Anlässe: wo bereits Brot gebacken wurde, und gegrillt. Alle Kinder helfen mit.



An der Fachhochschule nahm sich die Studiengangsleiterin fast 2 Stunden Zeit, um mir alles zu erklären: mein Stundenplan ist derzeit noch provisorisch: ich kann im gegebenen Fall noch Fächer wechseln.

Gespannt bin ich auf die Fächer: die meisten , die ich gewählt habe, sind in Englisch: ein Praktikumsmodul (Lebensmittelanalytik) ist aber ebenfalls dabei (um die geforderten 30 ECTS Punkte pro Semester zu erwerben muss man 6 Fächer (pro Fach gibt's 5 Punkte) wählen).


Derzeit sind folgende interessante Fächer auf dem Stundenplan: 



  • Nutrition in Disasters
  • Nutrition: A window on culture
  • Professional English
  • Analytische Chemie und Lebensmittelanalytik (Praktikum)
  • Health Management (mit Praktikumsteil)
  • Current Issues in Hospitality Services and Sustainable Food Consumption
  • Product Development


Ebenfalls kundschaftete ich eine neue Joggingroute aus: das Münsterland ist schön, sehr schön. Zum Joggen und auch Velo/Fahrradfahren perfekt.
Beginn der Joggingroute



Münsterland mit seinen schönen Anwesen

Perfekt zum Joggen und Velo/Fahrradfahren

Idyllisch, ruhig, angenehm, ich mag das Münsterland :-)



Donnerstag, 19. März 2015

Zürichs beste Cremeschnitte???

Die Cremeschnitte war mir über längerem Zeitraum als ein leidiges Thema in Erinnerung:

Aber von Anfang an:
Die Zoo Restaurants GmbH besteht aus 4 Restaurants:
Restaurant Pantanal (Selbstbedienungsrestaurant mit dem Augenmerk auf Südamerika)
Restaurant "Altes Klösterli" (Bedientes Restaurant mit Spezialisierung auf traditionelle Schweizer Küche)
Restaurant "Masoala" (Selbstbedienungsrestaurant mit dem Augenmerk auf Afrika)
und das
"Zoo-Café", das kleine Aushängeschild des Zoos, hauptsächlich mit Spezialitäten aus der Region Zürich, vorwiegend in Bio Qualität und frisch zubereitetem Essen, portionsweise, direkt gekocht, vor dem Gast.

2010 fing ich im Zoo Zürich in der Zoo-Restaurants GmbH, Restaurant Masoala als Chef Patissier zu arbeiten an.

25 Jahre alt war ich damals. und nach einem Jahr trat man an mich heran, ich solle eine Cremeschnitte machen: Eine, die in der Masoala-Küche produziert wird und in alle Zoo-Restaurants geliefert und verkauft werden könnte.
In den bisherigen Küchen, in der gehobenen Gastronomie, wie dem "Dolder Grand Hotel" in Zürich, dem "The Grove Hotel" in England, "Mavida- Balance Hotel und SPA" in Österreich oder dem "Widder Hotel" in Zürich, aber auch bei "DO&CO"- Cateringfirma (weltweit tätig) hatte ich gelernt viel mit dem Tiefkühler zu arbeiten: Lediglich in der kleinen Konditorei "Neuhofer" in Mattsee, Österreich, hatte in in der Lehrzeit die Erfahrung gemacht, frische Cremeschnitte täglich herzustellen, Nach jahrelanger Prägung mit Arbeitstechniken und Abläufen in Kombination mit dem Tiefkühler war es für mich aber fast unvorstellbar so etwas in den Arbeitsalltag noch zusätzlich zu integrieren.
Die Präsentation meiner "TK-Cremeschnitte" in der Zoo Restaurants GmbH wurde ein völliger Flopp und ab diesem Zeitpunkt wurde ich zwar als "generell ganz gute Patissière" eingestuft, "aber eine gute Cremeschnitte machen, das kann sie nicht".
Das war ein "Stempel". Bei grossen Mitarbeiteranlässen, bei denen sich viele Leute trafen, die diesen Fauxpas kannten, aber auch bei kleineren Konversationen wurde dieses Thema dann scherzartig, belustigend (aber nie böse gemeint) hochgeholt: Ich schwor mir, NIE wieder Cremeschnitte zu machen.

(das war das leidige Thema-- aber, wie bei allem, folgt irgendwann eine Lösung :-D )

2012 begann ich eine Weiterbildung: Matura mit anschließendem Studium an der ZHAW in Wädenswil: Lebensmitteltechnologie. Dies beinhaltete die Kündigung der Vollzeitstelle als Patissière im Restaurant Masoala.
Seither arbeite ich im Restaurant Pantanal: einmal die Woche werden diverse Kuchen und Schnitten hergestellt: von 2 gelernten Patissiers: eine Studienkollegin und ich produzieren hunderte Stück saisonale Kuchen, jeden Samstag.

Die Gastronomie des Zoo Zürichs will den Zoo Besuchern ein abwechslungsreiches, innovatives und attraktives Angebot anbieten, Gleichzeitig will  sie einen positiven Beitrag zum Naturschutz leisten. Ebenfalls wird eine nachhaltige Rentabilität der Zoo Restaurants GmbH angestrebt. Die Gastronomie ist ein wichtiger Bestandteil eines attraktiven Zooerlebnisses.
Mit diesen Leitgedanken im Hinterkopf traten vor einigen Monaten meine unmittelbaren Vorgesetzten an mich heran und fragten mich, ob es aus meiner Sicht möglich ist, eine Cremeschnitte auszuarbeiten, die nicht nur gut ist, sondern "der Hammer", und die jeden Tag von allen Mitarbeitern  (vorwiegend ungelernte Aushilfskräfte) frisch produziert werden kann.

Vielleicht sollte es sogar die "beste Cremeschnitte Zürichs" werden!

Die Zoo Gastronomie bewirtet täglich hunderte bis tausende Zoo Besucher. Die Kunst liegt darin, Essen anzubieten, das dem Geschmack der breiten Masse entspricht und diesen größtenteils trifft. Man kann bei der Menge nicht "Alles" anbieten, keine "Sterneküche" aber man kann gute Produkte in guter Qualität anbieten, die den Geschmack der Mehrheit befriedigt.
Dies setzt aber auch eine stete Weiterentwicklung voraus. Flexibilität eines jeden einzelnen Mitarbeiters und auch der Führungskräfte, die neue Vorgaben dann mit Berücksichtigung der wirtschaftlichen Faktoren und anderer Einflüsse umzusetzen haben.
Durch die derzeitige Weiterbildung zum Lebensmitteltechnologen an der ZHAW konnte ich mein Wissen markant erweitern.
Ich konnte mir "Cremeschnitte" jeden Tag frisch plötzlich gut vorstellen: Irgendwas war plötzlich anders: Das Gefühl: "das geht nicht" war weg und wurde ersetzt durch rationale, beschreibende Gedankengänge. Von der Hochschule erworbenes theoretisches Wissen über Produktionsvorgänge, das Verhalten der einzelnen Rohstoffe unter gewissen Bedingungen bot eine weitere Grundlage meiner Überlegungen. Vor allem das eigentlich einfache, aber nun gut definierte "Herabbrechen" eines Fertigungsvorganges in einzelne, simple Produktionsschritte, die für jeden nachvollziehbar, reproduzierbar und machbar sind, war wichtig für die Umsetzung.

Mündlich wurde abgemacht, wann die Cremeschnitte "ungefähr" ausgearbeitet sei: Durch die Belastung mit dem Studium werden die Startdaten neuer Produkte meist durch mich festgelegt: Das habe ich sehr weitsichtigen Vorgesetzten zu verdanken: Meine direkten Chefs achten da sehr stark darauf, dass der Druck nicht allzu hoch wird: Vor allem in Prüfungszeiten ist diese Vorgehensweise sehr wertvoll!
Praktisch läuft das so ab, dass Vorgesetzte 3-4 Monate, bevor sie ein neues Produkt haben wollen, sich an mich wenden, mir das mitteilen, und ich dann eben diese lange Zeit für die Ausarbeitung habe.

In meinen Semesterferien war dann Zeit für das neue Projekt "Cremeschnitte"
5 verschiedene Vanillecreme - Rezepte wurden gekocht und insgesamt 17 Mitarbeiter in versch. Positionen und Abteilungen haben jeweils ihre Meinung über "die beste Vanillecreme " abgegeben. Ein Rezept bekam signifikant positive Resonanz. Dieses wurde dann als zukünftige Cremeschnitten- Vanillecreme verwendet.
Im weiteren Schritt wurde ein Prototyp einer Cremeschnitte mit der definierten Vanillecreme gefertigt.
Die erste Resonanz war:

  • Gut, aber zu Cremig, 
  • zu wenig luftig, 
  • wirkt zu schwer und 
  • bisschen zu süss, 
  • zu wenig Halt,
  • zu wenig Vanillegeschmack
Das Rezept wurde neu abgeändert, der Vanilleanteil verdoppelt, der Zuckeranteil reduziert, der Sahne- und Gelatineanteil verändert. 
Am nächsten Tag wurde ein weiterer Prototyp erstellt mit den Rezeptänderungen.


Cremeschnitte - Prototyp (mit Himbeermarmelade für den Säureausgleich)

Cremeschnitte (fast verkaufsfertig)

Cremeschnitte: Fertig zum Verkauf!

Diesmal folgte eine ganz andere Wahrnehmung: 

  • Geil- jetzt ist sie richtig gut!
  • sehr lecker- 
  • tadellos: und normalerweise esse ich nie Cremeschnitte!
Dies war natürlich sehr motivierend und es zeigte sich, dass der richtige Weg eingeschlagen war.

Jetzt ging es an die Schulung der Mitarbeiter: die Produktionsschritte der Cremeschnittenherstellung sollten so einfach sein, dass jeder ungelernte diese ohne weiteres machen kann.

Zuerst muss ich sagen, hatte ich ein bisschen Bedenken: Wer von den Mitarbeitern würde sich dafür bereit erklären? Wer hat die Motivation dies zu lernen, damit es täglich umgesetzt wird? Vorsichtig fragte ich ein paar Leute an, die sich mit Freude dazu bereit erklären die Schulungen mitzumachen. Die Resonanz war grossartig:
Sie wollten lernen! Etwas Neues! Cremeschnitte nach Baukastenmodell!

Jeden Tag wurden nun Schulungen mit diversen Mitarbeitern durchgeführt. Ein Mitarbeiter machte die Cremeschnitte und 2 schauten zu, während ich instruierte. Es wurde ein Rotationsprinzip eingeführt, und selbst diejenigen, die am Anfang Zweifel hatten, dass sie es nicht können, willigten nach 2mal zuschauen ein es auch zu versuchen.

Fotos der einzelnen Produktionsschritte wurden gemacht und digitalisiert.
Ein Plan zu Anleitung der einzelnen Schritte wurde erstellt, dieser an die Wand für jeden sichtbar geklebt, sodass die Mitarbeiter dann auch "nachschauen können", falls kurz ein Produktionsschritt vergessen wurde.

Weiter wurden die Kosten eines Stückes der Cremeschnitte berechnet, um den Verkaufspreis festsetzen zu können.

Dies geschah alles in Abwesenheit des Geschäftsführers: Dieser war im Urlaub und sollte das fix fertig ausgearbeitete System sollte eine Art "Willkommen- zurück" - Geschenk darstellen. Ebenfalls mit der Hoffnung, dass es seinen Ansprüchen entspricht, er es gut findet, und das Ganze dann von ihm abgesegnet wird. (sonst wäre alles umsonst gewesen).

Dies war dann auch so. Die Cremeschnitte wurde getestet und als gut befunden.
Die Ausarbeitung war gut, und die tägliche Produktion "Cremeschnitte frisch- jeden Tag in hoher Qualität" kann nun beginnen! (das genaue Startdatum, wann es diese nun fix gibt, wird aufgrund derzeitiger hoher Auslastung der Mitarbeiter erst später bekannt gegeben.)