Mittwoch, 5. August 2015

Lebensmittelteschnologiepraktikum in Ruanda: Busfahren und öffentlicher Verkehr

Organisation der Busse in Ruanda:

Am meisten besorgt war ich über die Struktur von öffentlichen Verkehrsmitteln hier in Ruanda.
Aus meinem letzten Semester an der FH in Münster,weiss ich, dass es sich in Ruanda um ein „Polychronic country“ handelt: was kurz gesagt heisst, dass Zeit in dieser Gesellschaft eine sehr flexible Rolle spielt. Die Schweiz stellt beispielsweise ein „Monochronic- country“ dar: alles ist strukturiert, geordnet, zeitlich festgelegt: es gibt für fast alles Pläne und Vorgaben, die zeitlich einzuhalten sind- in der Schweiz ist Zeit nicht flexibel.
Mit diesem theoretischen Hintergrundwissen war ich recht unsicher, wie dies denn mit dem öffentlichen Verkehrsmitteln klappen würde.

Im letzten Semester arbeitete ich in einem Studienfach kulturelle Aspekte  hauptsächlich in Bezug auf Ernährung in Mali aus: aber es kamen auch der öffentliche Verkehr und die Mobilität vor (Bezug auf infrastrukturelle Begebenheiten in der Nahrungsmittelbeschaffung): Mali ist ebenfalls ein "Polychronic Country" und in diversen Aspekten vergleichbar mit Ruanda. Der öffentliche Verkehr ist dort ähnlich strukturiert: Es gibt keine Abfahrtspläne, sondern nur Busstationen, Busse kommen und gehen, man kann mitfahren oder nicht.
Hier in Kigali wohne ich relativ weit weg von der Firma Inyange. 1h Anreisezeit pro Tag- dies ist für Ruanda-Leute sehr lange- für mich wars okay: 1h Arbeitsweg ist in der Schweiz absolut nicht unüblich. 
Und Tatsächlich: Es gibt Busstationen aber keinen festgelegten Zeitplan –aber es gibt festgelegte Preise pro Fahrt.
Für den Westeuropäer, der Zeitpläne gewohnt ist, vor allem für den Schweizer, der pünktliche Abfahrtszeiten schätzt (und will :-) – nein vorraussetzt :-D) scheint diese Organisation des öffentlichen Verkehrs ein fast unüberbrückbares Hindernis darzustellen. Aber auch dies funktioniert, nur, dass man eben anders kalkulieren muss:


Busse kommen an die Busstation: es gibt versch. Busse: Grosse, vergleichsweise moderne Busse, Mittlere und kleine Busse (in der gösse von den alten VW Bussen (die wir aus der „Hippi- Zeit“ noch kennen).
Die Chauffeure wollen natürlich mit ihrer Arbeit auch Geld verdienen und warten daher so lange bis der Bus voll ist(fahren nicht mit einem halbleeren Bus los).
Morgens und Abends ist dies natürlich kein Problem: viele Menschen sind auf dem Weg zur Arbeit, oder auch am Nachhauseweg, somit wartet man nach dem Einsteigen meist nicht länger als 5 Minuten bis der Bus voll ist und abfährt. Fährt man nachmittags mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, kann dies auch ½ bis ¾ Stunde dauern, bis der Bus endlich losfährt. Somit ist es wichtig, darauf zu achten, dass man möglichst kleine Busse wählt(die aber auch weniger komfortabel sind), da sie schneller voll werden, und man somit schneller ans Ziel gelangt.

Die Preise pro Fahrt sind mittlerweile gesetzlich festgelegt und standardisiert, somit kann es nicht vorkommen dass man je nach Lust und Laune des Chauffeurs mal mehr oder weniger bezahlt.
Es gibt festgelegte Busrouten: Jeder Bus träg eine Nummer (zum Beispiel 306, oder 322). Dadurch dass die Routen aber nicht überall und vollständig ausgeschrieben sind, muss man viel kommunizieren: man fragt die Busfahrer, ob sie an gewissen Stationen halten und hat dann die Möglichkeit einzusteigen oder nicht. Sofern man die Stadt nicht kennt, kann man den Chauffeur, oder auch seinen Gehilfen, der die Tickets einkassiert, fragen, ob man ein Zeichen bekommt, wenn es soweit ist, auszusteigen. Somit kommt man gut ans Ziel.


Busstation in Remeira /Kigali


Folgendes kann aber auch vorkommen: Dadurch, dass es sich bei den Busfahrern um Privatleute handelt, sind diese natürlich darauf aus, möglichst viele Menschen zu transportieren, denn pro Fahrt wird Geld bezahlt.
Wir haben mal nach einem Bus gefragt, ob er in die von uns gewünschte Richtung fährt: dies war auch so- aber der Busfahrer hat uns nicht mitgeteilt, dass bereits ein fast voller Bus  weiter vorne steht, bei dem die Wartezeit erheblich kürzer für uns gewesen wäre--> Unser Bus war aber leer, es war Nachmittags (also keine Rush Hour) und der aktuelle Busfahrer wollte einfach nur die Fahrgäste haben - dem war es natürlich egal, ob wir nun eine weitere halbe Stunde bis zur Abfahrt warten, oder nicht: Durch Zufall haben wir bemerkt, dass eben ein Bus weiter vorne ebenfalls in dieselbe Richtung fährt (sie wollten es uns nicht sagen, um selbst mehr Leute transportieren zu können) und dieser Bus weiter vorne hatte „genau“ noch 2 Plätze frei: Stimmt nicht ganz, es war eigentlich, genau betrachtet, nur 1 Sitzplatz: denn hier in Kigali ist es üblich auch 4 Menschen auf einen dreier- Sitz zu platzieren. Was sich für den Europäer als sehr unüblich/waghalsig/gefährlich anhört, ist hier völlig normal. Auch, dass Gurte zwar vorhanden sind, die wenigsten jedoch funktionieren. Dadurch dass offiziell Anschnallpflicht herrscht, werden die Gurte einfach provisorisch über den Brustkorb gelegt, um zu signalisieren, dass man angeschnallt ist.
Pro Fahrt zahlt man zwischen 200 und 250 Rwanda- Francs ( umgerechnet ca. 35 Rappen)
Wobei ich die tolle Möglichkeit habe mit dem Firmeneigenen Bus zu fahren: Dieser sammelt die Arbeiter auf einer festgelegten Strecke zu gewissen Zeiten ein. Täglich um 7 Uhr hält er in der Nähe des Hauses in dem ich wohne.
 Ich habe morgens lediglich eine Fussstrecke von ca. 1km zurückzulegen- also ca. 15 Minuten.

Gut gepflegte Gartenanlage auf dem Weg nachhause: auch zu sehen: Militär: In voller Montur; bewaffnet.
Unüblich für uns zu sehen; Diene der allgemeinen Sicherheit, wurde mir gesagt:
Es wäre sicher hier, die Menschen friedlich. Militär zeige einfach Präsenz,
Damit auch keine auf  "dumme Gedanken" käme.
Ab dem späten Nachmittag und die gesamte Nacht stehen diese "Wachleute"
an vielen Ecken in Kigali.


Dieselbe Strecke geht’s zurück nachhause, nachmittags um 16:30.

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